Kulturelles Erbe


Die Geschichte der Mühle

Im Jahre 1328 trat Johann der Blinde, der bekannte Graf von Luxemburg, eine Mühle in der Nähe von Beckerich an die Nonnen der Abtei „Notre Dame“ von Clairefontaine (B) ab. Die Bewohner Beckerichs wurden gezwungen, hier ihr Getreide zu mahlen und ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, um die Mühle instand zu halten. Dazu gehörte die Reinigung des Baches und des Weihers, der Fischfang sowie der Transport neuer Mühlsteine. In einer Zeit, in der das Brot noch als Grundnahrungsmittel galt, war das Vorhandensein einer Getreidemühle in Beckerich mit Sicherheit ein Garant für ein intensives soziales Zusammenleben in der Gesellschaft -  und das während mehr als vier Jahrhunderten. 

Im Jahre 1794 wurde die Abtei von Clairefontaine durch französische, antiklerikale Revolutionäre zerstört. Die Liegenschaften wurden beschlagnahmt und versteigert. Die Beckericher Mühle  gelangte so im Jahre 1797 in private Hände.



Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Mühle von den Familien Welter, Rausch und Waxweiler betrieben und der Landbesitz vergrößert. Nach und nach weiteten die Besitzer ihre Tätigkeiten aus, da die Arbeit als Müller nicht mehr genug Gewinn abwarf: Sie betrieben zusätzlich ein Sägewerk und einen Bauernhof. Anfang des 20. Jahrhunderts haben Nicolas Waxweiler und vor allem seine Witwe Suzanne Welter mit Unterstützung ihrer Kinder dem Ausbau der Tätigkeiten der Mühle neuen Schwung gegeben. Tatsächlich konnte durch eine effizientere Nutzung des Rades das Sägewerk besser arbeiten.

 Später, im Jahre 1912, wurde das Rad durch eine Turbine mit einer ungefähren Leistung von 10 kW ausgetauscht, die einen Dynamo betätigte und so die Stromerzeugung ermöglichte. Dieser Strom wurde durch ein nagelneues Kabelnetz im Dorf verteilt. So wurde Beckerich eines der ersten Dörfer Luxemburgs, welches über ein Stromnetz verfügte.  Die Spannung des elektrischen Stroms betrug zu diesem Zeitpunkt 110 V und war mit einem speziellen System von Blei-Akkumulatoren der Marke Henri Tudor verbunden. Um die elektrische Versorgung der anderen Dörfer zu gewährleisten hatte jeder Haushalt Anspruch auf eine 5-Watt-Birne. Damals betrug der Preis von 1 kWh 4 luxemburgische Franken, was dem wöchentlichen Unterhalt einer Familie entsprach!
 
Im Jahre 1924 wurde der elektrische Stromkreis modernisiert; er hatte danach eine Leistung von 220/380 V. 1934 wurde ein Teil der Stromerzeugung an die Cegedel abgetreten, die eine durchschnittliche Spannung von 15 000 V erzeugte und somit das Netzwerk der Waxweilers versorgte. Die Waxweiler Mühle entwickelte sich allmählich immer mehr von der Getreidemühle zum Kraft- und Sägewerk. Aus dem landwirtschaftlich orientierten Betrieb  ist ein vielseitiger industrieller Komplex entstanden. 

Im Jahre 1926 erwarb die Familie Waxweiler eine neue Bandsäge der Marke BRENTA, welche heute  noch immer in Funktion ist. 1939 drehte sich die Haupttätigkeit  der Mühle ausschließlich um die Nutzung des Sägewerks und um den Holzhandel. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs mietete die amerikanische Armee drei Monate lang die Mühle, um Träger für den Brückenbau herzustellen.
 
Die industrielle Funktion der Mühle kommt mit der Schließung des Sägewerks 1975 und der Wiederaufnahme des Vertriebsnetzes von elektrischer Energie durch die Cegedel 1984 endgültig zum Erliegen. 1995 stirbt die letzte Besitzerin und Bewohnerin der Beckericher Mühle.

1996 wird der gesamte Komplex der alten Mühle von der Beckericher Gemeinde aufgekauft, denn man ist sich dessen bewusst, dass dieses alte Zeugnis lokaler Geschichte eine wichtige Rolle innerhalb der Dorfgemeinschaft und auch der Region spielen kann. Lange und aufwendige Restaurationsarbeiten beginnen, damit diesem Ort ein neuer Impuls gegeben werden kann. 

Was die Sägerei betrifft, hat eine kleine Gruppe Pensionäre ehrenamtlich die verschiedenen alten Maschinen nach 80 Jahren wieder zu neuem Leben erweckt. Die Maschinen werden regelmäßig zum Laufen gebracht, sei es für die Besuchergruppen oder für die “Journées Européennes du Patrimoine” oder für das “Weekend du bois”.  Seit 2007 ist die Sägerei aufgrund des großen Einsatzes von J. Schweicher nun Teil der “Routes du bois”, die von der großherzoglichen Verwaltung des “Eaux et Forêts” geschaffen wurde. 


Die Mühle heute

Die heutige renovierte Mühle setzt sich aus drei verschiedenen Gebäuden zusammen:

-          Die alten Scheunen und Ställe, in welchen sich jetzt ein sehr schönes Restaurant (“andermillen”) mit weitläufiger Terrasse, ein hübsches Bistrot (“Beim Mëller”) sowie mehrere Seminar- und Versammlungsräume befinden.
-          Das ehemalige Wohnhaus des Müllers, welches noch die Mühle beherbergt und welches seit dem Sommer 2011 einen kleinen Laden mit regionalen und Fairtrade-Produkten sowie ein sympathisches Café (“millespënnchen”) beherbergt
-          Und schliesslich die alte Sägerei Waxweiler mit all ihren restaurierten faszinierenden Maschinen.

Ebenfalls interessant ist die Natur rund um die Mühle und ihrem Weiher. Die umliegende Landschaft läd dazu ein, unsere Region zu erkunden und um zu entspannen.

Die “d’Millen asbl” bietet Besuchern ein reichhaltiges Angebot an Touren in und um die Mühle ein. Sie sind für Individualreisende oder Gruppen gedacht. Wir erwarten Sie herzlichst! Unser Angebot dazu finden Sie unter der Rubrik “Geführte Besichtigungen”.